Sie ist eine Migrantin vom Schwarzen Meer: Die Quaggamuschel. Die Muschel mit der leicht gestreiften Schale breitet sich im Bodensee aus und ist bis in eine Tiefe von 180 Meter zu finden. Auch der Seiher des Einlaufs in die Entnahmeleitung des Seewasserwerks Berlingen wurde vom Muschelbewuchs tangiert. In Berlingen reagierten wir als beratendes Ingenieurunternehmen zusammen mit den Verantwortlichen in zwei Schritten darauf.
Der Wasserbedarf der Gemeinde Berlingen wird hauptsächlich durch die Seewasseraufbereitung gedeckt. Das Wasser fliesst durch eine 215 m lange Graugussleitung mit 200 mm Durchmesser auf einer Tiefe von bis zu ca. 27 m. Die Leitung führt in einen Entnahmeschacht, von wo aus Seewasser in das Seewasserwerk (SWW) gefördert und aufbereitet wird. Der Einlaufseiher der Entnahmeleitung war stark von der Quaggamuschel befallen. Qualitativ ist der Muschelbefall nicht problematisch, da die vorhandene Aufbereitung im Seewasserwerk die Muschellarven aus dem Wasser entfernt. Aber: Die Muscheln können den Entnahmeseiher verstopfen sowie den Rohrdurchmesser der Entnahmeleitung verringern.
Eine Kanal-TV Kamerabefahrung wird durch den hydrostatischen Druck von bis ca. 3 bar und dem niedrigen Rohrinnendurchmesser erschwert. Ergänzend ist bei einer Befahrung mit einer hohen Aufwirbelung von Schlick in den Leitungen zu rechnen, welche die Sicht stark einschränkt. Von aussen ist die Leitung, bis auf wenige Meter, vollständig mit Schlick überdeckt. Der Zustand der Leitung ist somit unbekannt. Der Ansaugseiher sowie der Entnahmeschacht weisen einen starken Quaggamuschel-Befall auf. Es ist nicht bekannt, welchen nutzbaren Innendurchmesser die Leitung infolge des Befalls noch hat. Bekannt ist, dass das Wachstum resp. die Vermehrung der Muscheln exponentiell erfolgt. Es kann nicht gesagt werden, wie lange es noch dauert, bis die Leitung vollständig durch die Muscheln verschlossen sein wird. Bei einem Verschluss könnte die Wasserversorgung Berlingen nicht mehr ausreichend Trinkwasser für ihre Einwohner zu Verfügung stellen. Was ist zu tun?
Erster Schritt:
In der Gemeinde Berlingen hat man reagiert. Es wurde eine Molchung der Seeleitung durchgeführt. Das heisst, ein Molch (wie ein Zapfen aus Schaumstoff) wurde beim Schachtbauwerk in die Leitung eingeführt und mit Druck durch die Leitung gejagt. Dadurch konnten die Rohrwände ohne grossen Aufwand und ohne diese zu beschädigen gereinigt werden. Die zuvor erkennbaren hydraulischen Verluste durch die Quagga-Muscheln liessen sich dadurch drastisch reduzieren.
Zweiter Schritt:
Ein Seiher muss regelmässig gereinigt und die Leitung gemolcht werden. Hierzu muss der Standardseiher jeweils unter Wasser demontiert, auf dem Schiff gereinigt und unter Wasser wieder montiert werden. Für diese Arbeiten ist aufgrund der Wassertiefe ein aufwendiger Tauchereinsatz erforderlich. Die von Hunziker Betatech AG vorgeschlagene Lösung sieht die Verwendung einer neuen, unkomplizierten Seiher-Lösung vor. Mit Hilfe einer Drohne und eines Haltegriffs kann die Vorrichtung hochgezogen und auf dem Boot gereinigt werden (siehe Bild oben). Bei der Molchung schwimmt der Molch am Ende der Entnahmeleitung an der Oberfläche auf und kann vom Boot aus wieder eingezogen werden. Der Seiher wird nach der Molchung direkt vom Boot aus wieder an die Entnahmeleitung montiert. Für den Einsatz des Wechselseihers waren Anpassungen an der bestehenden Seewasserleitung durch Tiefseetaucher notwendig (Montage Formstücke, statische Sicherung und Netzabweiser). Die Initialkosten waren dementsprechend höher, dafür fallen die regelmässigen Unterhaltskosten niedriger aus! In Anbetracht der steigenden Quaggamuschel-Population im Untersee wird zukünftig mit einer deutlichen Erhöhung des Reinigungs- und Molchintervalls gerechnet. Die neue Seiherlösung rentiert sich dadurch bereits nach nur wenigen Jahren.
Geplante zweite Wasserleitung
Berlingen ist auf den Betrieb der Seewasserleitung angewiesen. Aufgrund des Alters dieser Leitung und dem unbekannten Zustand wurde vorbeugend eine Machbarkeitsstudie für den Bau einer zweiten Seewasserleitung in Auftrag gegeben.
Mit einer zweiten Entnahmeleitung soll die Versorgungssicherheit der Wasserversorgung Berlingen langfristig gesichert werden. Die neue Leitung soll nach aktuellem Stand der Technik gebaut werden. Hierbei spielt auch der Faktor Quaggamuschel eine entscheidende Rolle in der Planung. Die bis zur Projektrealisierung gesammelten Erkenntnisse und Erfahrungen werden in die Planung und Wahl der Materialisierung einfliessen.
Die Quaggamuschel hat sich als neue hartnäckige Herausforderung für die Wasserversorgungen entpuppt. Gegen diese Muschel wird ein wirksames Mittel benötigt, welches die Versorgungssicherheit dauerhaft und ohne längere Unterbrüche sicherstellt, keine nachteiligen Effekte auf das Gewässer hat, den Zustand der Rohrleitungen nicht negativ beeinträchtigt und schlussendlich trotzdem wirtschaftlich tragbar ist. Die Lösung erfordert ein gesamtheitliches und fachübergreifendes Konzept, massgeschneidert für Ihre Wasserversorgung. Die breit gefächerte Hunziker Betatech AG unterstützt Sie dabei gerne von der Studie bis zur Realisierung sowohl auch im Betrieb und Unterhalt.